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Erfüllen meine Anleihen und Aktien noch ihren Zweck oder haben sie bereits ausgedient?

„Wer gut essen will, kauft Aktien, wer gut schlafen will, kauft Anleihen.“

– André Kostolany

Nach einer langen Phase historisch niedriger Zinsen, steht wahrscheinlich eine Phase steigender Zinsen wieder an. Die amerikanische Notenbank hat hier den ersten Schritt bereits getätigt und weitere sind geplant. Die Europäische Zentralbank wird folgen.

Somit häufen sich mittlerweile auch bei meinen Anlegern immer mehr Fragen bzgl. ihres ETF Anleihen-Engagements im Portfolio. Dadurch werden wir aktuell mit Fragen wie diesen konfrontiert:

„Die Anleihen sind aktuell im Verlust und ich dachte, Anleihen seien sicher, eine Art Ersatz für mein Tagesgeld?“
„Macht das denn noch Sinn, in Anleihen zu investieren, wenn man damit kein Geld verdient?“
„Warum soll ich noch weiter in Anleihen investieren, wenn die Zinsen so niedrig sind?“
„Was passiert, wenn die Zinsen steigen?“
„Wäre es nicht besser, das Geld auf dem Konto zu belassen?“


Anhand dieser oder ähnlicher Äußerungen kann ich erkennen, dass es Anlegern schwerfällt diese Anlageklasse zu verstehen, auch wenn ich sie in unserer Beratung erklärt haben.

Deshalb habe ich mich dazu entschieden, Ihnen ausführlich die Mechanik von Anleihemärkten und Anleiherenditen näherzubringen und zu erläutern, welche Aufgabe festverzinsliche Wertpapiere in einem diversifizierten Portfolio haben.

Hierfür beginnen wir mit einem Erklärungsvideo vom Verbraucherportal Finanztip, in dem Saidi auf einfache Art und Weise erklärt, was Anleihen sind und welche Funktion sie bei einer Geldanlage haben.

Die 5 wichtigsten Grundsätze über Anleihen

1. Anleihen können in einem diversifizierten Portfolio verschiedene Funktionen erfüllen, je nach Anforderungen und Risikoprofil des jeweiligen Anlegers.

2. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, gehen wir immer von den aktuellen Marktpreisen aus, die uns zuverlässige Informationen über Unterschiede in den erwarteten Renditen – oder „Prämien“ – liefern.

3. Wir wissen, dass diese Prämien (Renditen) am Anleihemarkt nicht konstant sind, sondern von Markterwartungen und vorhandenen Informationen abhängen. Das bedeutet auch: Manchmal sind Prämien negativ – das ist der Preis für die höhere Renditeerwartung.

4. Die Kapitalmarktforschung zeigt, dass Anleihekurse – genau wie Aktienkurse – weitgehend unvorhersehbar sind, weshalb Anlagestrategien, die auf Prognosen zu Zinsbewegungen und deren Folgen beruhen, wahrscheinlich weder zuverlässig noch belastbar sind.

5. Können wir diese Risiken steuern, indem wir global diversifizieren und die Prämienausrichtung an unsere individuellen Anlageziele anpassen.

Mit diesen Prinzipien im Hinterkopf können wir uns der Frage widmen, wie Anleihen funktionieren, welche Funktion sie erfüllen, woher ihre Renditen kommen und mit welchen Instrumenten ich den Anlegern bei der Umsetzung ihrer Ziele helfen können, ohne unnötige Risiken einzugehen. Der nachstehende Leitfaden soll bei einer effektiven Vermittlung dieser Konzepte helfen, die auch für Laien verständlich ist.

Grundlagen Aktien und Anleihen

Abbildung: Aktien und Anleihen kanalisieren Kapital.

Drei Eigenschaften von Anleihen

Anleihen bieten eine Welt voller Möglichkeiten

Der Anleihemarkt ist global und etwa doppelt so groß wie der Aktienmarkt. Den größten Anleihemarkt haben die USA, gefolgt von Japan, Europa und dem Vereinigten Königreich. Anleihen einzelner Länder entwickeln sich je nach Nachrichtenlage und Markterwartungen unterschiedlich.

Schaubild des globalen Anleihenmarktes
Schaubild des globalen Anleihenmarktes

Planbare Erträge

Der letzte wesentliche Unterschied zwischen Aktien und Anleihen besteht darin, dass wir über die künftigen Cashflows von Anleihen mehr wissen als über die Cashflows von Aktien. Anleger können mit Anleihen einen Kapitalgewinn (oder  -verlust) erzielen, erhalten darüber hinaus jedoch auch feste laufende Erträge (weshalb Anleihen als „festverzinsliche“ Wertpapiere bezeichnet werden).

Anleihen werfen also anders als Aktien feste Erträge ab, sind weniger volatil und entwickeln sich oft anders als Aktien. Wegen all dieser Unterschiede können sie in einem diversifizierten Portfolio verschiedene Funktionen erfüllen, je nach Risikoprofil und Zielen des jeweiligen Anlegers. Ganz grob unterscheiden wir zwischen folgenden Funktionen:

  • Volatilitätsminderung, also Glättung der Portfolio-Wertentwicklung
  • Liquidität, damit Anleger im Bedarfsfall schneller an Bargeld kommen
  • Renditemaximierung durch Kapitalgewinne und laufendes Einkommen
  • Kapitalerhalt und Schutz vor Inflation
Abbildung der Aufgaben von Wertpapieren.
Die Aufgaben von Wertpapieren

Zwischenfazit

Wir wissen jetzt also, was Anleihen sind und welche Funktionen sie erfüllen. Damit können wir uns der Frage zuwenden, wie sie funktionieren und woher ihre Renditen kommen.

Die Mechanik von Anleiherenditen

Abbildung die Mechanik von Anlagerenditen.

Die Zinskurve

Über den Umgang mit der Angst vor steigenden Zinsen

Vielleicht sind Sie an dieser Stelle noch immer unsicher, wie sich steigende Zinsen auf ihr Anleiheportfolio auswirken könnten. Dazu folgende 4 Gedankenstützen:

  • 1. bedeutet ein Anstieg der kurzfristigen Zinssätze nicht zwangsläufig, dass sich Anleihen unterdurchschnittlich entwickeln. In der Tat kann man in der Geschichte der Anleihemärkte kein einheitliches Muster erkennen. In einigen Fällen haben steigende Zinsen längerfristige Anleihen belastet, in anderen Fällen nicht.
  • 2. ist die Preisfindung zukunftsorientiert. Oft sind die Inflations- und Zinserwartungen bereits in den Kursen eingepreist. Verändern sich diese Erwartungen, bewegen sich auch die Preise. Wie wir bereits gesehen haben, lassen sich zukünftige Veränderungen der Zinssätze nicht zuverlässig vorhersagen.
  • 3. können wir aus den aktuellen Kursen bereits Informationen über zwei der drei Renditekomponenten ableiten und anhand dieser Daten Anlageentscheidungen treffen, ohne Prognosen zu erstellen.
  • 4. sind die Zinsen nicht in allen Anleihemärkten auf der Welt gleich. Wir können aus vielen Zinsstrukturkurven auswählen, die sich unterschiedlich entwickeln und unterschiedliche Renditeerwartungen bieten. Durch globale Diversifizierung erschließen wir also mehr Möglichkeiten

Entscheidend ist letztlich, warum Sie in Anleihen investieren. Geht es vor allem um Kapitalerhalt, sind risikoarme kurzfristige Anleihen vielleicht die richtige Wahl. 

Wer dagegen für höhere erwartete Renditen mehr Volatilität in Kauf nehmen kann, könnte auch in Anleihen mit höheren Laufzeit- und/oder Bonitätsprämien investieren. 

Ich empfehle meinen Anlegern den Mittelweg und haben auch somit die Laufzeiten nicht zu kurz und auch nicht zu lange gewählt. Somit partizipiert man von beiden Vorteilen.

Abbildung die Preisveränderung eines Anleihen-ETF bei einem Zinsanstieg um 1 %.

Ausschlaggebend ist das Anlageziel

Wenn wir also eine möglichst hohe Gesamtrendite anstreben, ist ein Portfolio mit höherer Duration wahrscheinlich sinnvoll. Eine einfache Festgeldanlage bei einer einzigen Bank bietet dagegen nur laufende Erträge ohne Kapitalwachstum und ist daher womöglich nicht mit den Anlagezielen des Kunden vereinbar.

Doch auch wenn ein Anleger nur den Kapitalerhalt anstrebt, sind Termineinlagen (z.B. Tages-/Festgeld) im Vergleich zu einem diversifizierten Portfolio kurzfristiger Anleihen mit zusätzlichen Risiken behaftet.

Termineinlagen sind mit dem Kreditrisiko einer einzelnen Bank behaftet.
Sie sind weniger liquide als eine globale Anleihestrategie.
Bei einer Verlängerung der Einlagen nach Ende der Laufzeit müssen Anleger unter Umständen deutlich niedrigere Zinsen akzeptieren.
Opportunitätskosten: Anleihen bieten höhere erwartete Renditen als Festgeld behaftet.

Langfristig konnten Anleger höhere Renditen durch Laufzeit- und Bonitätsprämien abschöpfen, mussten dafür jedoch auch höhere Volatilität in Kauf nehmen. Wir haben die Aufgabe, die Erwartungen unserer Anleger zu steuern und Kursabweichungen zu vermeiden. Ist höhere Volatilität mit dem Risikoprofil unseres Anlegers unvereinbar, sind unter Umständen risikoarme Anleihen mit kurzer Laufzeit eine sinnvolle Alternative.

Die Kapitalmärkte belohnen langfristige Anleger

Betrachtet man auch die Entwicklung des Anleihenmarktes, so wurden auch hier langfristig orientierte Anleger mit einer positiven Entwicklung belohnt. Sie ersetzen natürlich nicht die Kraft der weltweiten Aktienmärkte, haben aber Anlegern, die nicht bereit sind, 100 Prozent Aktienmarktrisiko zu tragen, Ruhe in das Portfolio gebracht. 

Kapitalwachstum, 1999 bis 31. Dezember 2022

Abbildung monatlicher Vermögenszuwachs in EUR

Anleihen-ETFs

Buchautor Gerd Kommer erklärt im Interview welchen Einfluss Zinserhöhungen haben und wie Anleger bei der Auswahl am besten vorgehen, seine Einschätzungen und Tipps hier im Interview.

Zusammenfassung

Um es kurz auf den Punkt zu bringen: kurzfristig betrachtet, und hier sprechen wir von 1 bis 5 Jahren, werden Anleger mit Anleihen renditetechnisch keinen großen Erfolg haben. Wenn Sie die Schwankungen der Kurse nicht aushalten können, dann müssen Sie Ihr Geld bei der Bank parken. Welche Nachteile das aber hat, haben wir heute thematisiert. 

Da meine Anleger aber alle einen langfristigen Anlagehorizont verfolgen, und hier sprechen wie von 10 Jahre plus, werden sie auch langfristig mit Anleihen eine gute Erfahrung machen. Anleihen haben aber im Portfolio nicht die Aufgabe die Rendite zu maximieren, sondern langfristig die Sicherheit in das Portfolio zu bringen und es bei fallenden Aktienmärkten zu stabilisieren. 

Weitere interessante Beiträge:

Wenn Sie mehr über ausgewählte ETFs erfahren möchte, empfehle ich Ihnen meinen ETF Ratgeber zu abonnieren zu werfen. Des Weiteren finden Sie in der Mediathek meine Videos zum Thema Geldanlage.

Falls Sie noch weitere Fragen zu meiner Dienstleistung als unabhängigen Honorarberater haben, schauen Sie doch mal bei den häufigen Fragen vorbei, oder kontaktieren Sie mich direkt.

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