Wir alle verfolgen die aktuellen Geschehnisse voller Sorgen. Die Unsicherheiten sind groß. Die Ereignisse in der Ukraine kosten viele Menschen das Leben und verursachen unermessliches Leid. Diesen Artikel zu schreiben, fiel mir daher auch nicht ganz leicht. Doch ich möchte hier ein paar Antworten aus Investorensicht geben und das Ganze für einen Augenblick losgelöst von der humanitären und geopolitischen Katastrophe für die Menschen in der Ukraine betrachten.
Unter solchen Bedingungen kann es dem ein oder anderen Anleger schwerfallen, fokussiert und diszipliniert zu bleiben. Auch wenn wir solche Situationen immer wieder trainieren und unsere Anleger darauf vorbereiten, die wirtschaftliche Reaktionen, einschließlich Sanktionen, haben uns zu Marktturbulenzen und Besorgnis darüber geführt, was wohl als Nächstes kommen mag.
Eine emotionale Reaktion ist daher natürlich, aber sollte nicht zu falschen Handlungen führen.
Was bedeutet das für als international agierenden ETF-Anleger? Müssen wir uns zusätzlich Sorgen um unser investiertes Geld machen? Das möchte ich heute in diesem Artikel thematisieren.
Für alle, die lieber schauen als lesen: das Video zum Beitrag
Häufige Fragen
Wenn Sie mehr wissen möchten, lade ich Sie ein, den Beitrag weiterzulesen. Bei spezifischen Fragen rund um das Thema Geldanlage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Entwicklung der Börse bei Kriegen
Starten möchte ich mit einem Zitat aus einem aktuellen Interview mit Portfolienmanager Dr. Andreas Beck, der sich zu aktuellen Lage geäußert hat. Er hat die gleiche Investmentphilosophie wie wir. Man muss die ganze Situation als Verwalter über Milliarden Kundengelder, von einer rationalen Seite aus betrachten. Denn seine Aufgabe ist, wie unsere, das Geld, das Vermögen der Anleger zu schützen. Er sagt, rational betrachtet, ist die Situation aktuell eher eine Kaufchance und man sollte sich als Anleger nicht verrückt machen lassen.
Geopolitische Verkaufswellen
Der weltweit zweitgrößte Vermögensverwalter, der Banker, hat mehr als zwei Dutzend geopolitische Ereignisse der letzten 60 Jahre untersucht, die zum Teil den Markt in große Aufruhe versetzt haben. Wie die folgende Abbildung zeigt, dauert es nicht lange bis sich die Aktienmärkte von der ersten Verkaufswellen, in Folge geopolitischer Ereignisse, erholten.
Dennoch hätten wir bei Beginn dieser historischen Verkaufswellen keine derart schnellen Erholungen vorhergesagt. Wir sagen auch nicht vorher, dass die Märkte schnelllebige Entwicklungen im Zusammenhang mit der Ukraine verdauen.
Wir wollen vielmehr, dass Sie sich als Anleger der Risiken bewusst bleiben.
Schauen wir uns dafür die folgende Grafik an.
6. Monate nach dem Ereignis haben wir eine durchschnittliche Gesamtrendite.
1 Jahr nach dem Ereignis und wir sehen dem anfänglichen Ausverkaufe. Die Länge des Ausverkaufes kann entsprechend variieren. Ein Beispiel Irak-Krieg 2003. Es ging um -3 % nach unten. Nach 6 Monaten hat es sich um 19 % erholt und nach einem Jahr eine durchschnittliche Gesamtrendite von 27 %. Über diesen Ereignissen ergibt sich eine durchschnittliche Gesamtrendite von 5 % nach 6 Monaten und 9 % nach einem Jahr.
Kann mein Geld weg sein?
Nein. Denn im Vergleich zu einer Einlage bei einer Bank, sind ETF-Anleger auch bei Insolvenzen von Marktteilnehmern auf der sicheren Seite. ETFs sind Publikumsfonds, die Kraft Kapitalanlagegesetzbuch eine Rechtspersönlichkeit besitzen. Das sind sogenannte Sondervermögen. Das deutsche Fond-Gesetz gilt nur für ETFs, die in Deutschland aufgelegt worden sind. Es passiert jedoch auf der europäischen Fond-Richtlinie in ähnlicher Form, in allen andern EU-Ländern ebenso. Entsprechende Bestimmungen gelten also auch für, beispielsweise Irland, Luxemburg, Frankreich oder den Niederlanden.
Domizilierte ETFs, eure ETF-Anteile, sind somit vor dem Zugriff von Marktteilnehmern geschützt. Auch wenn diese Insolvenz anmelden müssten und Ansprüche geltend machen würden.
Die Welt kann niemals pleitegehen?
Mit dieser These möchten wir in die nächste Fragestellung “Kann mein ETF-Portfolio pleitegehen?” starten. Nein, wenn man sein Geld über zum Beispiel ETFs weltweit gestreut hat, dann ist das die höchstmögliche Absicherung und Risikosenkung, die man mit Geld erreichen kann. Es können einzelne Unternehmens-ETFs pleitegehen, aber niemals das Portfolio, welches die Weltwirtschaft abbildet.
Mein ETF kommt immer zurück, weil die Weltwirtschaft nicht pleitegehen kann. Einzelne Branchen können mehr oder weniger peite gehen, auch einzelne Länder, aber niemals die Weltwirtschaft.
Empfehlungen
Für den Anleger stellen sich naturgemäß die Frage, ob es nicht vielleicht doch besser wäre aus dem Aktienmarkt auszusteigen und den nahenden Crash von der Seitenlinie aus zu betrachten?
So schnell wie die Schreckensnachricht auf den Nachrichtentickern eintreffen, landen immer neue Analysen der Finanzakteure im Postfach. Wem der Krieg nutzt und wem er schadet. Es ist daher kaum verwunderlich, dass rund um den Globus die Verunsicherung unter den Anlegern zunimmt, die unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine nährt die Angst vor bösen Korrekturen an der Börse. Und wenn der Markt abstürzt, werden Billionen an Aktien über Nacht vernichtet. Doch überreagieren, sich emotional verhalten und sich von Angst leiten zu lassen, führt für Investoren oft in die Katastrophe.
Ein langer Atem mach sich immer bezahlt!
Ein Sprichwort besagt, dass Börsen an einer Wand des Zweifels emporklettern.
Ständig gibt es überall kleinere Störfeuer und schlechte Nachrichten, doch am Ende des Jahres steht, in der Mehrheit der Fälle, eine ordentliche Rendite zu Buche. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick in die Aktienmarkthistorie der letzten über einhundert Jahre, am Beispiel des amerikanischen Index Dow Jones.
Ein super langer Zeitraum, in dem es an Untergangszenarien nicht gemangelt hat. Zwei Weltkriege, der schwarze Freitag von 1929, die Kubakrise, den Crash 1987, die Terroranschläge vom September 2001 und die Finanzkrise 2008. Und dennoch, wer innerhalb dieses Zeitraumes ununterbrochen investiert war, konnte Inflationsbereit eine Rendite von immerhin 6,7 % einstreichen. Langfristig betrachtet haben sich die Aktien immer gelohnt, wenn man Störfaktoren ignorierte und Einbrüche aushielt.
Es gab immer Krisen, bei denen es nach unten ging. Aber langfristig, sehen wir, geht die Bewegung nach oben. Das ist unser Glauben an die Effizienz der Märkte, dass sie funktionieren und dass wir von diesem weltweiten Wirtschaftswachstum partizipieren und profitieren können.
Man kann den Markt nicht austricksen
Es ist nie verkehrt zu wissen, was man kann, und manchmal ist es noch viel wichtiger zu wissen, was man alles nicht kann. Zu letzter Kategorie zählt definitiv die Fähigkeit, präzise kurz vor einem Crash zu verkaufen. Natürlich wäre die historische Jahresrendite noch viel höher ausgefallen als die eben genannten 6.7 %, wenn man immer zum optimalen Zeitpunkt ein und ausgestiegen wäre. Doch so schön diese Vorstellung auch ist, ist das einfach nicht möglich. Also unterlassen Sie alle Timing-Versuche. Wenn beispielsweise das Jahr 2022 zu irgendetwas gut war, dann zu der Erkenntnis, dass man auch heftigste Kursgewitter einfach durchstehen sollte. Schon wenige Wochen nach dem Corona-Crash vom März, hatten die globalen Leitbörsen, die Horrorverluste vom Anfang, bis zu 40 % wieder mehr als wett gemacht.
Das Problem mit dem Wiedereinstieg
Auch wenn man den Absprung rechtzeitig geschafft hat oder schaffen würde, ist die Frage, wann steigt man wieder ein. „Wenn der Markt dreht“ lautet eine gängige Antwort. Hört sich toll an, allerdings weiß man immer erst im Nachhinein, ob der Markt wirklich gedreht hat oder es nur ein kleines Zucken auf dem weiteren Weg nach unten war. Oft genug verpasst man sogar den Wiedereinstieg, aus Sorge, es könne weiter abwärts gehen. Daher lautet die Lösung, lasst eure Aktien und euere Portfolio einfach in Ruhe.
Einzelne Aktien steigen trotzdem
Einzelne Aktien steigen trotzdem und warum sollte das eine oder andere Unternehmen nicht in der Lage sein, auch in einer wirtschaftlich schwächeren Phase, weiterzuwachsen und seine Aktien dabei mit nach oben ziehen. Die Amazon Aktie beispielsweise beendete die Krisenjahre 2008–2009 mit einem satten Kursplus von insgesamt 45,2 %, obwohl es immer heißt Tech-Aktien würden bei Krisen besonders hart getroffen.
Der US Index S&P 500 verlor demgegenüber 24,1 %. Auch der Tech-Index NASDQ 100 musste zweistellig abgeben.
Erfolgreiche Investoren bleiben langfristig dabei
Die Botschaft ist einfach zu verstehen, aber schwer umzusetzen. Wenn im Markt vorherrscht und die Aktienpreise irrational stark gefallen sind, dann ist es Zeit für Investoren zuzuschlagen und eben nicht zu verkaufen. Und wenn der Crash passiert ist, dann kann man Qualitätsaktien zu Schnäppchenpreisen einsammeln und der Grundstein für gute Renditen in der Zukunft legen. Insofern ist ein Börsencrash ein Ereignis, das man zum günstigen Nachinvestieren nutzen kann.
Angst und Gier: Haltet trotzdem Maß
Günstige Gelegenheiten können auch zu Angst führen, etwas zu verpassen. Auch dem sollte man natürlich widerstehen und nicht Haus und Hof wetten und im Worst Case nachts nicht schlafen zu können. Bei all den Zielen, die man erreichen möchte, nutze die Angst und die Gier zu deinem Vorteil. Vermeide trotzdem, egal aus welcher Motivation heraus, ungünstige Entscheidungen für dich.
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